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Wohnen

Adrian gibt das Tempo vor

Tom Ackermann, Leiter Lebenswelt Wohnen & Freizeit, Mitglied der Geschäftsleitung

02. Juni 2023

Seit drei Jahren lebt Adrian im Wagerenhof. Obwohl die mehrstündige Pflege seinen Tagesablauf bestimmt, fühlt er sich in der WG Panflöte daheim und als Teil dieser Gemeinschaft. Adrian, seine Eltern und die Mitarbeitenden bilden dabei ein tolles Team.

Es ist 18.45 Uhr am Montagabend. Adrians Eltern Brigitte und Jean-Jacques Hug bringen ihren Sohn nach einem gemeinsamen Wochenende zurück in den Wagerenhof. Sandra von der WG Panflöte begrüsst das Trio. Alle drei Wochen verbringt Adrian ein paar Tage daheim in Dielsdorf. Wobei Adrians Mutter inzwischen eher den Wagerenhof als sein «Zuhause» betrachtet. Am Anfang sei es schon etwas ungewohnt gewesen, so ohne Kinder im Haus. Denn auch die zwei Geschwister sind längst ausgeflogen. «Ich habe zu Brigitte gesagt, dass nun die Zweisamkeit wieder vermehrt in den Mittelpunkt rückt», lacht Jean-Jacques Hug. Und seine Frau fügt hinzu: «Seit Adrian auswärts lebt, fühle ich mich wie frühzeitig pensioniert.» Beide empfinden die Situation als grosse Erleichterung und sind froh, dass es ihrem Sohn im Wagerenhof so gut geht. In einem Gespräch in der WG Panflöte erzählen sie uns, was für sie Adrians Zuhause ausmacht.

«Es ist schön zu sehen, wie Adrian aufblüht. Er hat zugenommen und lacht viel.» 

Brigitte Hug, Mutter von Adrian

Einzigartiges 2-Heim

«Der Wagerenhof ist als Pflegeheim und Behinderteninstitution für Menschen wie Adrian einzigartig», bringt es Jean-Jacques Hug auf den Punkt. Denn dessen Alltag ist aufgrund der medizinischen und kognitiven Beeinträchtigungen sehr anspruchsvoll. Die Pflege und individuelle Versorgung bestimmen den Tagesablauf – sofern alles gut geht und er keine Komplikationen hat. Immer wieder kommt es nämlich vor, dass Adrian aufgrund seines Gesundheitszustandes ins Spital muss. Stefan Eckert, Co-Teamleiter der WG Panflöte: «Das sind Momente der Ungewissheit. Wir machen uns jeweils grosse Sorgen und freuen uns umso mehr, wenn er rasch wieder bei uns ist.» Alle hier haben den jungen Mann gern. Und nach drei Jahren verstehen sie auch Adrians Art und Weise zu kommunizieren. Oft ist es ein Schreien, mit dem er auf seine Bedürfnisse aufmerksam macht. Dann gilt es, den Grund dafür zu eruieren. Doch die Eltern und Mitarbeitenden sind geübt und finden jeweils rasch heraus, was ihn beschäftigt. Dass es ihm im Wagerenhof gut geht, ist für seine Mutter offensichtlich: «Es ist schön zu sehen, wie Adrian aufblüht. Er hat auch zugenommen und lacht viel.»

Fliessende Übergänge

Neben der medizinischen Versorgung ist für die Eltern ein weiterer Faktor ganz wichtig: Ihr Sohn bestimmt das Tempo. «Hier nimmt man sich Zeit für ihn und seine Bedürfnisse. Er muss nicht spätestens um neun Uhr im Therapieraum sein und um zwölf einen Mittagsschlaf machen, damit er am Nachmittag wieder fit ist. Die Übergänge sind fliessend, genauso wie er es braucht.» Adrian, der für das Gespräch mit den Eltern auf seine Mittagspause verzichtet, sitzt im Wohnzimmer am Tisch und hört aufmerksam zu. Er lächelt spitzbübisch, als seine Mutter erwähnt, dass er auch ein Schlitzohr sein kann.

Die Tagesstruktur im Wagerenhof kommt Menschen mit schwersten, mehrfachen kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen und damit – gemäss seiner Mutter – auch Adrian sehr entgegen: «Wäre er wie früher in einen straffen Tagesablauf integriert, würde es ihm definitiv nicht so gut gehen. Er kommt auch ohne striktes Programm nicht zu kurz.» Die fliessenden Übergänge von der Pflege in die basalen Angebote, aber auch die Nähe, die Berührungen und die Geborgenheit sind für Adrian unersetzlich. «Es ist für uns schön zu sehen, dass dies im Wagerenhof möglich ist.» Nicht zu vergessen: Die geselligen Momente im Wohnzimmer, wenn Esther auf ihrer Handorgel spielt und alle gemeinsam Lieder singen. «Adrian geniesst diese Zeit in der Gemeinschaft», freut sich sein Vater.

«Ich weiss, wie komplex Adrians Betreuung ist und spüre, wie stark es den Mitarbeitenden stets um sein Wohl geht.»

Jean-Jacques Hug, Vater von Adrian

 

Das Versprechen wird eingelöst

Jean-Jacques Hug ist Unternehmer. Er weiss, woraufes ankommt – egal in welcher Branche man tätig ist: «Werbesprüche sind nur Worthülsen, wenn sie nicht gelebt werden. Der Wagerenhof hält, was er verspricht.» Das Team der Panflöte setze das Motto «Was zählt, bist du» wirklich jeden Tag um. «Ich weiss, wie komplex Adrians Betreuung ist und spüre, wie stark es den Mitarbeitenden stets um sein Wohl geht.» Auch das zweite Motto – ein liebesvolles «Dihei» – treffe voll und ganz zu: «Nicht nur Adrian, auch meine Frau und ich fühlen uns hier herzlich willkommen und fast schon ein bisschen dihei.» Es sei immer schön, mit Leo, Esther oder Basti einen kurzen Schwatz zu halten. Von Leo haben sie gar zwei tolle, eigens für sie geschaffene Kunstwerke zu Hause. «Es ist schon so, dass wir auch die anderen Bewohnerinnen und Bewohner der Panflöte besuchen kommen», ergänzt Brigitte Hug.

Sie macht sich Gedanken über die Zukunft. Bevor Adrian in den Wagerenhof kam, wurde sie häufig angerufen und um Rat gefragt. Am Anfang habe sie den Mitarbeitenden der WG oder dem Pflegedienst noch ab und zu einen Tipp gegeben: «Sie bekamen das aber sehr schnell selber in den Griff. So habe ich die Gewissheit, dass Adrian bestens versorgt ist.» Das sei nicht zuletzt ein gutes Gefühl für den Fall, dass mal etwas mit ihr sein sollte. «Und bei mir braucht es viel, bis ich dieses Gefühl habe.» Dabei gehe es nicht darum, dass man sie nicht fragen oder einbeziehen möchte. Sie spüre vielmehr, dass es sie nicht mehr jederzeit brauche. «Das ist mir wichtig für die Zukunft, falls wir einmal nicht mehr leben, Adrian aber noch da sein sollte.» Für Jean-Jacques Hug gibt es noch einen anderen Aspekt: Adrians Schwester ist vor einem Jahr ausgezogen, der jüngere Bruder schon früher, da er die Berufslehre auswärts macht. «Auch wenn Adrian behindert ist, macht auch er ja das normale Leben mit. So gesehen ist dieser Ablöseprozess nicht aussergewöhnlich.»

Gemeinsam in die Zukunft

Angesprochen darauf, ob es auch mal schwierige Momente gab in diesen drei Jahren, nennen sie Situationen rund um seine Gesundheit. «Wenn Adrian ins Spital muss, wissen wir, dass es sich in beide Richtungen entwickeln kann.» Das sind heftige Momente für die Familie. «Wir fühlen uns aber auch dann stets verstanden», so Jean-Jacques Hug. Und seine Frau betont, sie hätten bislang tatsächlich keinen einzigen unangenehmen Moment im Zusammenhang mit dem Wagerenhof erlebt. Für die Zukunft wünschen sich die Eltern, dass es noch möglichst lange so weitergeht. Adrian dreht den Kopf zu seiner Mutter. Als sie seine Hand streichelt, ist es wieder da: das spitzbübische Lächeln.


 

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